Was kostet eigentlich ein Radweg?

Die Frage ‚Was kostet eigentlich ein Radweg?‘ beantwortet Konrad Jahnke vom Tiefbauunternehmen Strabag Alfons Frese vom Tagesspiegel in Berlin so…

hannovercyclechic radweg in köln

‚Auf den Belag kommt es an.Und auf besondere Vorrichtungen, die den Weg vor Beschädigungen schützen. In der Stadt veranschlagt Konrad Jahnke (…) 80 bis 100 Euro für den Quadratmeter. Auf eine etwa 30 Zentimeter umfassende Schotterschicht kommen eine so genannte Tragschicht, etwa acht Zentimeter dick, und schließlich die vier Zentimeter Deckschicht. Alles in allem müssen also rund 50 Zentimeter ausgehoben werden. An den Rändern des Weges gibt es dann noch eine Markierungskante, die den Preis in die Höhe treibt. Und nicht zuletzt kosten die verkehrssichernden Maßnahmen Geld, so dass in Summe ein Preis von 100 Euro pro Quadratmeter entstehen kann. Da ein Radweg diese Breite in der Regel auch hat, kostet ein städtischer Kilometer also bis zu 100 000 Euro.2  Auf dem Land dagegen kalkulierte Jahnke mit maximal 65 Euro für den Quadratmeter, da hier die Randmarkierung nicht erforderlich ist. Es wird teurer, wenn Wurzelschutz eingebaut wird. Normalerweise ist ein Radweg 15 bis 20 Jahre ohne Ausbesserungen oder Reparaturen nutzbar.3 Die meisten und größten Schäden verursachen Bäume. Wenn diese Gefahr droht, dann kann bereits vor der Schotterschicht ein Plastikteil im Untergrund verlegt werden, das den Wurzeln die Richtung versperrt. Das verteuert dann den Weg um 15 bis 20 Euro je Quadratmeter.‘ (vgl. auch die Untersuchung des ADFC in Erfurt zu Radwegkosten, die auf sehr ähnliche Summen kommt)

Es wird von Asphalt ausgegangen, da im Artikel von 4cm Deckschicht die Rede ist, trotz der miesen Pflasterung wie auch in Hannover üblich, Klapper-, Brech-, Kotz… (sorry, hannovercyclechic-kchen!), auf dem Bild im Artikel!
3 Dass 1m breite Radwege in eine Richtung bei Lastenrädern, dem steigenden Radverkehr in Hannover und Kinderanhängern nicht mehr zeitgemäß sind, weiß allerdings schon hannovercyclechic-kchen!
Is‘ ja logo, die Last auf Radwegen wiegt ja auch weniger als ein Zehntel als auf Straßen, wenn die Benutzung durch P- und LKWs durch bauliche Maßnahmen wie Poller oder Bordsteine (!!!), und nicht mit Drecks-, Piss-, Kackschildern (so sorry, hannovercyclechic-kchen!), die eh keiner beachtet, verhindert wird.

Die Galerie oben zeigt übrigens die Cycel Slangen in Kopenhagen (Video auf Youtube und noch eins über Kopenhagen) , die ein kreuzungsfreies Überqueren des Hafens nur für Radfahrer (!) ermöglicht! Kosten: 7 Mio. €

Die Kosten von anderen Infrastrukturprojekten gibt’s hier zum Nachlesen:

Die geplanten Autobahnen A20 und A39 in Niedersachen kosten zusammen 3,5 Milliarden € (in Zahlen: 3.500.000.000 €). Dafür könnten 23 Tausend km (in Zahlen: 23.000 km) Radweg gebaut werden. — Berlin hat laut Tagesspiegel 650 km Radwege. — Sogar der Bundesrechnungshof zweifelt die Sinnhaftigkeit dieser Autobahnen an: Der Bund habe mit viel zu geringen Kosten und viel zu hohen Verkehrsprognosen kalkuliert!

Nehmen wir doch lieber nur 63 Mio. € in die Hand, um am Ende des Tages — oder besser in vier Jahren —  vier (in Zahlen: 4) Hochbahnsteige in Hannovers City zu haben. (HAZ-Beiträge zu D-Linie)
Hier steht mehr darüber… Cyclegate: Radwege auf D-Linie vergessen!!!

Na gut, dann lass uns doch wenigstens ’nen Tunnel in Döhren bauen, kostet ja nur 180 Mio. € (in Zahlen 180.000.000 €) Dafür könnten 1,2 Tausend km (in Zahlen: 1.200 km) Radweg gebaut werden. — Berlin hat laut Tagesspiegel 650 km Radwege. — Warum nicht, steht hier: 180 Millionen für einen dunklen Tunnel in 2030 für mehr Autoverkehr

Sind wir gaga? …oder sind wir gaga? Das Geld für die Menschen durch Lärm und Abgase krank machende, Natur zerstörende, den Autoverkehr steigernde und nicht zuletzt auch noch zu unterhaltende Baumaßnahmen zu verpulvern?

Applaus, Verbeugung, Abgang, Vorhang zu… Vorhang auf, Applaus, Zugaberufe, Vorhang zu… Vorhang auf, stehende Ovationen, Handküsschen, (Damen-und Herren-) Schlüpfer…, und aufgewacht durch Motorgeheul, Bremsenquietschen, Aufprall, Kindergeschrei, Sirenengeheul, hannovercyclechic

P.S  Von den 3.377 Verkehrstoten sind 1.575 Nicht-Autoinsassen gewesen. Mehr als 1.500 werden also zu Fuß oder auf dem Rad zumeist von Fahrzeugen (sicher außer Bobbycars) getötet. Muss das denn sein?

6 Gedanken zu “Was kostet eigentlich ein Radweg?

  1. Was in dem Artikel nicht erwähnt wird: Die allermeisten Autofahrer, mit denen ich darüber sprach gehen stets davon aus, dass KFZ- und Mineralölsteuer-Einnahmen bei weitem die Ausgaben für Aufbau und Erhalt der MIV-Infrastruktur übersteigen. Deshalb denken viele Autofahrer, die von ihnen aufgebrachten Steuergelder würden zweckentfremdet und in irgendwelchen staatlichen Finanzierungeslücken versickern. Bisweilen wird auch schon mal gemutmaßt, der halbe Staatsetat würde aus KFZ- und Mineralölsteuern finanziert.
    Besonders widerlich ist das „Argument“, Sozialhilfeempfänger würden ihre „Stütze“ nur den KFZ- und Mineralölsteuereinnahmen verdanken. Deshalb hätten „so Leute“, die sich gegen Autoverkehr aussprechen (die werden dann gleichgesetzt mit Sozialhilfeempfängern) sowieso nichts zu melden.
    Die Wahrheit ist freilich andersrum: „Bei der Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen und ökologischen Folgekosten deckt der MIV- und LKW-Verkehr nur einen Bruchteil der durch ihn verursachten Kosten; das Defizit des öffentlichen Verkehrs (und die Kosten für Radverkehr Anm. von mir) erweist sich unter diesem Aspekt deutlich geringer als jenes des MIV- und LKW-Verkehrs. Diese mangelnde Kostenwahrheit führt entsprechend den marktwirtschaftlichen Gesetzen zu einer überproportionalen Entwicklung des MIV- und LKW-Verkehrs.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Sanfte_Mobilit%C3%A4t
    Was haben die anderen Leser dieses Forums für Erfahrungen damit gemacht diese „Kostenwahrheit“ mehr oder weniger eingefleischten Autofahrern im Bekanntenkreis zu vermitteln? Gibt es da besonders schlagkräftige und einleuchtende Argumente?
    Im obigen Text z. B. hat mir in diesem Zusammenhang sehr gut der Hinweis gefallen, dass Fahrradmobilität deutlich weniger Gewicht auf die Fahrbahn bringt, was zu geringeren Baukosten beiträgt und auch die Lebendauer der Verkehrsanlagen für Fahrräder im Vergleich zu denen für Autos deutlich verlängert. Das werde ich demnächst mal anbringen.
    Tipp von mir: Erwähnt in solchen Diskussionen die Kosten für Verkehrspolizei, Verkehrsüberwachung, Winterdienst, Autobahnmeistereien, Grünschnitt im Bereich der Seitenstreifen u. ä. das sind alles Sachen, die jeder aus eigener Anschauung kennt. Während Argumente wie Luftreinhaltung meist weniger gut angenommen werden, dass ist für viele zu abstrakt. Selbst beim aktuellen „VW-Dieselgate“ habe ich viele Autofahrer gesprochen, die das einfach wegblenden zum Beispiel mit der Begründung, die Amerikaner wollten doch nur die unliebsame deutsche Konkurrenz vom heimischen Auto-Markt verdrängen.
    Und noch ein „(Anti-)Stammtisch-Spruch“: (Den aber bitte nur sehr dosiert einsetzen, denn er kann zu maximaler Eskalation führen! Aber manchmal braucht es einen „starken Spruch“ zur Erwiderung, wenn eine Diskussion ein gewisses Argumentationsniveau unterschritten hat.) Die größten „Sozialschmarotzer“ in diesem Land sind nicht die Sozialhilfeempfänger, wie von manchen gerne falschbehauptet wird. Es sind auch nicht die Spitzenverdiener, die ihre Kohle am Fiskus vorbei ins Ausland schaffen (Stichwort Panama-Papers). Die größten Sozialschmarotzer sind die Autofahrer, denn sie betreiben ihre in vielerlei Hinsicht sehr problematische Form der Mobilität auf Kosten der Solidargemeinschaft.

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    • Henry erlangt mit diesem Kommentar den schwarzen hannovercyclechic-Gürtel, den mindestens vierten Radfahrer-Stern auf der Schulterklappe und kommt in den Radhimmel, wo jeden Tag aufs Neue der Radklassiker seiner Wahl zur Auswahl zur Verfügung steht. Frag nicht, was der Radverkehr für Dich tun kann, frag was Du für den Radverkehr tun kannst! …Argumente für mehr Radverkehr gibt’s auch unter https://hannovercyclechic.wordpress.com/eine-seite/ im hannovercyclechic-Manifest…
      @Henry: Willste eine extra-Kategorie auf’m Blog haben mit kurz und knackigen Argumentationshilfen, mit Fakten hinterlegt, die man genau in den von Dir beschriebenen Diskussionen mit befreundeten Autofahrern anbringen kann? hannovercyclcechic wär ‚totally out of the little hood‘, wenn Du zusagen würdest!

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  2. Alfons Krückmann

    Hmm.
    1.000 qm = 1Km bei Radwegen, also 1 Meter Breite.
    65 EUR pro qm bei Radwegen auf dem Lande, … , …
    Stimmt schon, so etwas gibt es leider immer noch, bzw. neuerdings Jetzt! wieder.

    Es fragen sich allerdings so einige Menchen wieso die Radwege flächendeckend in derart erbärmlichem Zustand sind. Während die reguläre Fahrbahn nebenan oft in Top-Zustand ist, lassen sich auf den Radwegen Wurzelaufbrücke, erbärmliche Längsebenheit, Risse, Randabbrüche, vergröberte/rauhe Oberfläche, etc. feststellen.
    Kaum dass ein Baum in der Nähe ist wirds noch deutlicher: reguläre Fahrbahn (meist nur noch exklusiv für Autos) nach Jahren noch mit perfekter Längsebenheit und ohne Frostschäden, während der gleichweit vom Baum entfernte Radweg ein Herunterbremsen auf Schrittgeschwindigkeit erfordert.
    Standard ist übrigens 30cm ab Planum (also Trag- und Deckschicht zusammen) oder in einigen Bundesländern (z.B. NRW) auch nur 20cm ab Planum bei ‚Bürgerradwegen‘.
    Wer sich damit zufrieden geben will, dass derartige Schrottradwege weiterhin gebaut werden mag mit solchen Zahlen operieren.
    Ein Radweg in normalem RSW-Standard in den Niederlanden kostent im Schnitt pro KM 1,2 Mio. EUR. Die Längsebenheit ist auch nach einigen Jahren noch ganz o.k., Wurzelaufbrüche halten sich für längere Zeit in erträglichen Grenzen, die Breite ist ausreichend für Zweirichtungsverkehr (größer/gleich 4 Meter, bei höherer Kapazität entsprechend breiter).
    Bei 2,5 Meter breiten Einrichtungsradwegen sind die Kosten ggf. etwas höher, da ja beidseitig gebaut werden muss (5qm pro Streckenkilometer). Dafür ist dann aber auch (gerade im Ausserortsverkehr bei paralleler Führung zur regulären Fahrbahn) Blendfreiheit und bessere Aerodynamik gegeben. Die Strecke ist damit also für ganzjährigen Betrieb nutzbar und nicht nur für sommerliche AUCH-Radfahrende Autofahrer*innen. Wer je längere Strecken auf linksseitigen Radwegen mit LKW Gegenverkehr gefahren ist wird sicherlich wissen was ich meine.

    Ich weiss ja durchaus, dass der Trend hin zu einem Strassennetz mit guten Kernfahrbahnen nur für Autos und hin zu benutzungsplichtigen Radnebenanlagen mit schlechtem Belag für den Radverkehr geht, aber muss das denn soweit gehen, dass Menschen, die sich als ‚Radlobby‘ begreifen jetzt! selbst fordern noch mehr billige untaugliche Schrottradwege anzulegen?
    WARUM???

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